Weil die Ludwigsburger Kreisleitung der NSDAP die „Kristallnacht“ buchstäblich verschlafen hatte, fand der reichsweite Pogrom in Freudental erst am Nachmittag des 10. November 1938 statt. Zwischen 14 und 15 Uhr trafen aus Ludwigsburg, wo die Synagoge inzwischen brannte, mehrere Wagen mit nicht uniformierter SA im Dorf ein. Sie fuhren zunächst am Rathaus vor, wo Bürgermeister Paul Schwarz und der gerade erst vom Stützpunkt- zum Ortsgruppenleiter der NSAP beförderte Hauptlehrer Ludwig Bauer bereits am Vormittag von den geplanten Ausschreitungen und der Absicht, auch die Freudentaler Synagoge in der Strombergstraße 19 anzuzünden, informiert worden waren.
Sie setzten sich nun mit den Ludwigsburger SA-Häuptlingen an die Spitze des Zuges, um zunächst in der Strombergstraße 11 von Sidonie Herrmann die Herausgabe des Synagogenschlüssels zu verlangen. Anders als geplant, konnte der aufgezogene Mob aber doch kein Feuer an die Synagoge legen. Denn Anwohner machten der braunen Horde klar, dass sonst der halbe Flecken abgebrannt wäre. Der Mob hielt sich stattdessen an die Inneneinrichtung der Synagoge und der Jüdischen Schule (Strombergstraße 16): Das Mobiliar wurde zertrümmert, mitsamt Thorarollen, Kultgegenständen und Gebetbüchern zuerst auf den Synagogenplatz geworfen, sodann – unter dem erzwungenen Geleit der geprügelten jüdischen Männer – mit einem Pferdefuhrwerk auf den Sportplatz gekarrt, dort zu einem Scheiterhaufen aufgetürmt und angezündet. Die Juden mussten im engen Kreis um das Feuer knien und das Lied „Hinaus in die Ferne“ singen.
Um die 50 Freudentaler sollen dem schaurigen Spektakel beigewohnt haben, das später auf der Rathaustreppe seinen Abschluss fand: Die dorthin getriebenen jüdischen Männer mussten sich als Verbrecher und Schweine bezichtigen. Die jüdischen Frauen wurden gezwungen, den Synagogenplatz wieder zu reinigen – ebenfalls zum Gaudium Schaulustiger. Auch das Zimmer des jüdischen Lehrers Simon Meisner wurde geplündert, seine Bibliothek und die Unterlagen der jüdischen Religionsgemeinschaft wurden gestohlen.
Die schlimmsten Stunden dieses entsetzlichen Tages standen den Freudentaler Juden aber erst noch bevor: Nachts drangen Bauer und einige Unbekannte in ihre Häuser ein. Sie verprügelten die Männer, schüchterten die Frauen ein und stahlen oder zertrümmerten Mobiliar und Hausrat. Die greise Ernestine Spatz wurde in ihrem Schlafzimmer überfallen und mit einer Stinkbombe verängstigt, die Metzgerswitwe Frieda Weil ging wegen Bauers Drohungen mit dem Preis ihres ohnehin unter Wert verkauften Hauses noch einmal um ein Viertel herunter, Julius Stein wurde von Bauer und seiner marodierenden Gruppe krankenhausreif geschlagen. Auch in den folgenden Tag gingen die Übergriffe vereinzelt weiter, Julius Stein, Max Rosenfeld und Alfred Wolff wurden in „Schutzhaft“ genommen, aber nach ein paar Tagen wieder freigelassen. Einige Freudentaler Juden, etwa Josef Blum und Fritz Stein, die bereits das Dorf, nicht aber Deutschland verlassen hatten, wurden im Zuge des Pogroms andernorts in die Konzentrationslager Dachau und Buchenwald verschleppt.
Weil der Novemberpogrom 1938 auch in Freudental kein Resultat spontanen „Volkszorns“, sondern von oben gesteuert und angeordnet worden waren, hielt sich lange die Legende, die Freudentaler seien am Pogrom nicht beteiligt gewesen. Diese Behauptung ist angesichts der Aktenlage so nicht haltbar: Nicht nur Ortsgruppenleiter Bauer hat sich schuldig gemacht. In einer 1944 verfassten Ortschronik rühmt deren Autor die „entschlossene Aktion“ in allen Punkten, und noch Jahre nach 1945 entdeckten entgeisterte Überlebende Synagogenbänke in Freudentaler Vorgärten.
In den Monaten nach dem November 1938 wurden die jüdischen Familien, die noch fliehen konnten, mit staatlichen Zwangsabgaben und bei der „Arisierung“ ihres Vermögens beraubt. Auch die Kommune hielt sich an „ihren“ Juden schadlos: Die Sparbücher der Israelitischen Gemeinde landeten im Rathaus, im enteigneten jüdischen Schulhaus wurden ein Kindergarten der NS-Volkswohlfahrt (NSV) eröffnet und die Hitlerjugend untergebracht.