Sie waren die letzten Juden, die noch rechtzeitig aus Freudental heraus- und in die USA entkommen konnten: Im Juni 1941 verließen Moritz und Helene Stein ihr Haus in der Schlossstraße 23, um über Barcelona nach New York zu reisen. Ermöglicht hatten die späte Flucht die amerikanisch-zionistische Hilfsorganisation Joint und Moritzens Bruder Berthold Stein. Der war mit Frau und Tochter Gretel bereits im September 1939 über Holland nach New York emigriert. Noch etwas früher, im Februar und Mai 1939, hatten Moritz und Helene Stein ihre Kinder Fritz und Anni bei Verwandten zunächst in England und dann in den USA unterbringen können. Weil ihre Eltern ihnen schnellstmöglich dorthin folgen wollten, zog die 76-jährige Hannchen Stein im August 1939 aus dem gemeinsamen Freudentaler Haus ins Jüdische Altersheim in Herrlingen bei Ulm. Die Emigration der Steins nach England zerschlug sich, erst im Sommer 1941 waren sie mit Anni und Heinz wiedervereint – zunächst in New York und später in Detroit. Hannchen Stein wurde am 22. August 1942 nach Thersienstadt deportiert.
Der Verkauf des Hauses zeigte übrigens, dass selbst 1941 nicht alle dem Fieber der „Arisierung“ erlagen und aus der Not der jüdischen Nachbarn ein Geschäft machten: Sein früherer Knecht Erwin Söffner zahlte Moritz Stein einen angemessenen Preis – wofür ihm die Steins zeitlebens dankbar blieben.

© Steffen Pross

Familienleben in Freudental: Moritz Stein (im Fenster) mit Frau Helene und den Kindern Anni und Fritz in der Schlossstraße 23.